Selective Slowing –
Ist Entschleunigung ein Führungstool?
„Wer ständig rennt, übersieht den Weg.“ Dieser Satz bringt das Thema dieses Artikels auf den Punkt.
In einer Welt, die von Effizienz, Beschleunigung und ständiger Optimierung geprägt ist, wird Entschleunigung zur radikalen Innovation. Doch was bedeutet es eigentlich, bewusst langsamer zu werden? Und warum kann gerade diese Strategie der Schlüssel zu mehr Erfolg, Kreativität und echter Führungsqualität sein?
Als Beraterin für Teamentwicklung, Leadership und Persönlichkeitsentwicklung bei Kohlmann Consulting beobachte ich täglich, wie der Drang zur permanenten Selbst- und Teamoptimierung Teams überfordert, Führung lähmt und Kreativität hemmt. In diesem Artikel schauen wir uns an, warum Selective Slowing – also das gezielte Entschleunigen – nicht nur gesund, sondern auch wirtschaftlich klug ist.
Der Mythos der permanenten Optimierung – woher kommt er?
Ursprünglich aus der Industrialisierung stammend, hat sich ein Denken tief in unsere Unternehmens- und Führungskulturen eingebrannt. Die Optimierung ist wie ein Mantra in unserer modernen Arbeitskultur. Lean Management, Agile Methoden, kontinuierliche Feedbackzyklen – alles hat das Ziel, schneller, besser, effizienter zu werden. Doch was einst in der Fließbandproduktion sinnvoll war, stößt in einer komplexen, kreativen und wissensbasierten Arbeitswelt zunehmend an Grenzen.
„In unserem Streben nach Perfektion verlieren wir oft das Wesentliche aus den Augen.“ – Satya Nadella, CEO Microsoft
We gehen wir damit am besten um, jetzt da sich dieses denken so festgesetzt hat? Da kann ein Blick auf Selective Slowing weiterhelfen.
Was bedeutet „Selective Slowing“ konkret?
Selective Slowing meint die bewusste Entscheidung, bestimmte Prozesse zu verlangsamen – mit dem Ziel, mehr Klarheit, Fokus und Qualität zu gewinnen. Es geht nicht darum, generell nicht mehr effizient sein zu wollen. Sondern vielmehr darum gezielt zu erkennen, wo Tempo schadet statt nutzt.
Beispiele für Selective Slowing:
- Mehr Zeit für Reflexion nach Projekten
- Meetings seltener, dafür tiefer und lösungsorientierter
- E-Mail-freie Zeitfenster für konzentriertes Arbeiten
Selective Slowing ist also ein strategischer Hebel für mehr Wirksamkeit, nicht Faulheit oder Verweigerung.
Die Wissenschaft der Verlangsamung:
Und das haben wir uns nicht ausgedacht. Die Hirnforschung zeigt eindeutig: Dauerstress und Multitasking reduzieren unsere kognitive Leistungsfähigkeit. Das Gehirn braucht Pausen, um Informationen zu verarbeiten, kreative Verknüpfungen herzustellen und langfristig leistungsfähig zu bleiben.
Studienlage:
- Die Stanford University fand heraus, dass Multitasking im Arbeitskontext die Effizienz um bis zu 40 % senkt.
- Eine Harvard-Studie zeigt, dass Achtsamkeit und langsames Arbeiten die Resilienz und Entscheidungsqualität verbessern.
„Das Gehirn liebt Monotasking.“ – Dr. Daniel Levitin, Neurowissenschaftler
Hier greift das berühmte Paradox der Verlangsamung: Wer sich Zeit nimmt, trifft bessere Entscheidungen, arbeitet konzentrierter, macht weniger Fehler – und ist am Ende oft schneller.
Das Paradoxon: Warum langsamer manchmal schneller zum Ziel führt
Ein Beispiel: Ein Team, das vor wichtigen Entscheidungen erst reflektiert, unterschiedliche Perspektiven einbezieht und Feedback zulässt, handelt vielleicht langsamer – erzielt aber nachhaltigere und tragfähigere Ergebnisse.
Selective Slowing bedeutet also: Tempo reduzieren, Qualität erhöhen.
Also her mit dem „Slow Assessment Guide“ für die Praxis. Damit wir erkennen können, wo bremsen sinnvoll ist.
Praktische Umsetzung
Bevor Sie aber verlangsamen, müssen Sie wissen, wo. Nutzen Sie einen einfachen Selbst-Check:
- Welche Meetings bringen keinen Mehrwert?
- Wo entsteht Hektik ohne Ergebnis?
- Welche Prozesse laufen „aus Gewohnheit“ zu schnell?
Und darüber hinaus gibt es natürlich noch weitere praktische Tipps und Tricks wie Sie sinnvoll langsamer werden können:
Mikro-Pausen: Die Kraft der strategischen Unterbrechung
Kleine Pausen – 2 Minuten bewusstes Atmen, ein kurzer Spaziergang, digitale Mikro-Detox-Zeiten – wirken wie ein Reset fürs Gehirn. Studien belegen: Bereits 5 Minuten Pause alle 90 Minuten steigern die Konzentrationsfähigkeit messbar.
Deep Work durch bewusstes Entschleunigen
Kleine Pausen – 2 Minuten bewusstes Atmen, ein kurzer Spaziergang, digitale Mikro-Detox-Zeiten – wirken wie ein Reset fürs Gehirn. Studien belegen: Bereits 5 Minuten Pause alle 90 Minuten steigern die Konzentrationsfähigkeit messbar.
Cal Newport hat mit „Deep Work“ einen Begriff für hochkonzentriertes Arbeiten etabliert. Voraussetzung dafür: Keine Ablenkung, keine Unterbrechung – und ein bewusster Rückzug aus dem operativen Dauerstress. Selective Slowing schafft genau diesen Raum.
Meetingkultur neu denken: Das 45-Minuten-Prinzip
Meetings dauern zu lang. Punkt. Testen Sie 45-Minuten-Meetings mit 15 Minuten Reflexionszeit im Anschluss. Die Qualität der Besprechung steigt – ebenso die Verbindlichkeit der Umsetzung.
Unser Empower Yourself Training
Selbststeuerung und –verantwortung im professionellen Kontext ist zu der Schlüsselkompetenz in der heutigen Arbeitswelt geworden.
Die Belastungen sind jetzt schon hoch – und sie werden tendenziell auch eher weiter ansteigen.
Stressfreie Arbeitsplätze gibt es praktisch nicht mehr und daher gehört ein erfolgreiches Selbstmanagement zu den unverzichtbaren Kompetenzen im Geschäftsalltag.
Innovation & Kreativität
Und es gibt noch weitere Bereiche in welchen dieses Prinzip echten Mehrwert leisten kann.
Wie Langeweile Kreativität fördert
Den unser Gehirn braucht Phasen des Nichtstuns auch, um kreativ zu werden. Langeweile stimuliert den Default Mode Network, ein Netzwerk im Gehirn, das für Tagträume, Reflexion und kreative Ideen zuständig ist.
Der „Slow Innovation Process“
Innovation ist also kein Sprint. Im Gegenteil, erfolgreiche Innovationsprozesse folgen oft einem langsamen, iterativen, dialogischen Prozess:
- Problem verstehen
- Raum für kreative Lösungsideen schaffen
- Prototypen entwickeln und testen
- Feedbackschleifen einbauen
Vom Multitasking zum Monotasking
Und wie Sie sicher längst wissen, ist Multitasking ein Mythos. Die Harvard Business Review fand heraus, dass monothematische Arbeitsphasen zu 50 % besseren Ergebnissen führen. Wer Aufgaben seriell statt parallel abarbeitet, hat mehr Klarheit und weniger Stress.
Bewusstes Nichtstun als Quelle neuer Ideen
Gönnen Sie sich also bewusst Leerlauf. Spaziergänge ohne Podcast, Mittagspausen ohne Handy, Wochenenden ohne Businessplan. Diese „mentalen Leerstellen“ sind der Nährboden für neue Ideen.
Und ein dritter und letzter Bereich ist wichtig in diesem Zusammenhang:
Leadership & Kultur
Slow Leadership bedeutet:
- Präsenz statt Dauerverfügbarkeit
- Zuhören statt vorschnellem Entscheiden
- Vertrauen statt Mikromanagement
„Führung beginnt mit der Fähigkeit, sich selbst zu führen.“
-Dr. Stephen R. Covey
Also führen mit Bedacht. So nennen wir das „Slow Leadership“ Konzept.
Kulturwandel
Von der Hektik zur bewussten Verlangsamung. Das wäre eine Unternehmenskultur, die Verlangsamung zulässt, psychologische Sicherheit, Innovationsgeist und echte Zusammenarbeit fördert. Das braucht Mut, soviel ist klar – aber es zahlt sich langfristig aus. Den auch die Performance-Messung wird mittlerweile neu gedacht. Wir kommen mehr und mehr weg von reinen Output-Zahlen und bewegen uns hin zu Impact, Nachhaltigkeit und Teamzufriedenheit. Neue Metriken wie Teamresilienz, Innovationszyklen oder Lernzeitanteil werden immer relevanter.
Downshifting als Teamstrategie
Und nicht nur Einzelne, sondern ganze Teams profitieren davon, wenn Verlangsamung strategisch gedacht wird. Das wird an folgenden Beispielen deutlich:
- „Silent Fridays“ ohne Meetings
- Fokuszeiten für Deep Work
- Team-Retrospektiven zur Selbstregulation
Ein gut geplanter Slowdown zahlt sich also mehrfach aus: durch bessere Resultate, zufriedenere Mitarbeiter:innen und eine stärkere Innovationskultur.
Return on Slowdown (ROS): Messbare Erfolge
Und auch dafür gibt es bereits eine messbare Größe, den ROS. Der „Return on Slowdown“ beschreibt den wirtschaftlichen und menschlichen Mehrwert, der durch bewusste Verlangsamung entsteht. Studien und Praxisberichte zeigen:
- Teams, die regelmäßige Reflexionszeiten einführen, steigern ihre Projektqualität signifikant.
- Führungskräfte mit bewusster Zeitgestaltung berichten von höherer Resilienz und größerem Teamvertrauen.
- Unternehmen mit „Focus Time Policies“ melden bis zu 25 % höhere Zufriedenheit bei Wissensarbeiter:innen.
Fazit: Bewusst langsamer und damit schneller zum Ziel
Selective Slowing ist also keine Management-Mode, sondern eine überfällige Antwort auf eine überdrehte Arbeitswelt. Wer strategisch verlangsamt, schafft Raum für Qualität, Menschlichkeit und Zukunftsfähigkeit.
Mein Tipp: Beginnen Sie nicht mit einem radikalen Kulturwechsel, sondern mit kleinen Schritten im eignen Einlußbereich. Reflektieren Sie ihre Meetingkultur erneut und überegen Sie warum Sie daran bisher nichts ändern.
Werfen Sie einen kritischen Blick auf ihren Kalender, wo wäre es möglich, bewusster zu handeln – statt nur zu reagieren?
Lass Sie uns gemeinsam entschleunigen, um echte Bewegung zu erzeugen.
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